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Samstag, 28. Januar 2012

History Blog #196

Die Reihe "History Blog" besteht aus Kopien aus meinem eigentlichen und aktuellen Blog, in dem ich alles raus lasse. Die Blogs, die von dort hier herüber wandern, drehen sich ausschließlich im weitesten Sinne um das Studium und sollen einen Einblick auf mein Leben bis zum Studienabschluss an der Hochschule Darmstadt vermitteln.

Bis ich die Gegenwart erreiche wird hier täglich ein History Blog neu veröffentlicht.



Erstveröffentlichung: Freitag, 4. Februar 2011 - 8:33


Ursprünglicher Blogtitel: "TU be or not TU be?"



Meine "Karriere" verlief alles andere als steil. Wenn man da genauer hin blickt kam sie eigentlich erst einmal überhaupt nicht in Gang und dümpelte die meiste Zeit so vor sich hin, gelegentlich ruhte sie sich auch mal auf Zwischenabsätzen aus.

Mitte der 6. Klasse hatte ich noch eine Empfehlung für die Hauptschule, weil mich Schule einfach null interessiert hat. Irgendwie bin ich doch noch in der Lage gewesen die Noten soweit anzuheben, dass ich wenigstens die Realschule besuchen durfte (machte sich auch besser zwischen zwei Brüdern, die am Gymnasium erfolgreich gewesen sind bzw. wurden). Bis zu meinem ersten Abschluss war es weiteres Rümdümpeln und Nichtstun, gelegentlich mal ein wenig bockig sein. Nachdem ich dann die 10. zwei mal gemacht hatte, klappte dann an der Handelsschule im zweiten Anlauf endlich der erweiterte Sekundarabschluss (öööhm...) 1 (oder doch 2? Hm, ist immerhin schon bald 10 Jahre her, ich kann mir nicht alles merken). 9/10 Monate Staatsdienst, die auch nicht Ruhmreich waren, und der scheiternde 5-monatige Versuch am Wirtschaftsgymnasium glücklich zu werden später war ich dann also ohne Beruf und ohne irgendwas, habe mir das zweite Halbjahr mit Nebenjobs um die Ohren geschlagen, bis ich dann nach über 120 Bewerbungen eine Lehre zum Elektriker beginnen durfte. Drei weitere Jahre gebunden, in der mich ein wenig der Ehrgeiz packte und ich doch tatsächlich mal etwas im ersten Anlauf recht gut abschließen konnte. Ich wollte nur gern was anderes aus meinem Leben machen, also weiter auf die Fachoberschule, mal eine brauchbare allgemeine Hochschulreife abholen und nun bin ich, wie einige von euch wissen, hier in Darmstadt und studiere an der Hochschule.

Mal ehrlich, damit hätte niemand mehr gerechnet, nicht einmal ich.

Ich schreibe diesen Blog allerdings nicht zur Selbstbeweihräucherung, sondern um im ersten langen Absatz kurz zu erwähnen, wo ich war, möchte hetzt kurz erwähnen, wo ich bin und weiß danach einfach nicht, wo ich sein werde.

Während des Studiums hatte ich täglich die Möglichkeit noch weiter zu wachsen und stehe noch immer lange nicht am "oberen Ende der Nahrungskette", sondern spiele eigentlich eher im hinteren Mittelfeld mit. Wenn ich im Sommer den Bachelor erfolgreich hinbekommen sollte will ich danach definitiv den Master dran hängen, da ich vom Bachelor an sich nicht sonderlich viel halte. Es heißt immer, dass "unser" Bachelor etwa 90 % des Wertes des alten Diplomstudienganges an der Hochschule Darmstadt hat (und nach eigenen Aussagen der Internen waren die h_da-Ingenieure Deutschlandweit recht gefragt), doch man muss sich mal auf der Zunge zergehen lassen, was das bedeutet: wir haben, wenn man von der Regelstudienzeit ausgeht, ca. 60 % der Zeit um 90 % des Stoffes aufzunehmen. Dass dabei irgendwo etwas auf der Strecke bleibt ist wohl einleuchtend, denn auch ein engagierter und kluger Student ist nicht grenzenlos in der Lage erlerntes Wissen aufzunehmen, zu verarbeiten und dann zu behalten.

Der Master der h_da soll angeblich letzen Endes 10 bis 20 % mehr wert sein als das alte Diplom. Schön und gut, anhand der ursprünglichen Rechnung gegenüber dem Diplomstudiengang relativiert sich das ganze dann zu 100 % Zeit und 120 % Stoff. Man kann also hoffen, dass es dann ein wenig ruhiger wird, zumindest was den Zeitdruck angeht. Einfacher wird der Stoff deswegen nicht, nicht umsonst werden im Masterbereich ausschließlich fortführende Fächer und keinerlei Grundlagenwissen relevant. Ist ja auch logisch, wenn man mit dem Bachelor die Leute zu "ausreichenden" Ingenieuren heranziehen will.

Im Master kommt also auf mich zu, dass ich mich weiterhin so reinhängen muss, mir selbst zwar nicht den zeitlichen Stress geben werde, aber dennoch mit dem Lernumfang zu kämpfen haben werde.

Das Bachelor/Master-System wurde zum einen eingeführt um die deutschen Ingenieure auf dem internationalen Stellenmarkt attraktiver zu machen, da beispielsweise in Amerika schon lang diese Abschlüsse vergeben werden. Dumm nur, dass man dort für jeden Schwachsinn in einer einjährigen, unnützen schulischen Ausbildung im Anschluss als Bachelor bezeichnet werden darf. Dementsprechend denken auch viele Personalabteilungen auf dem Arbeitsmarkt, dass sie einen ebenso nichtssagenden, unnützen Ingenieur bekommen, wenn sie einen Bachelor einstellen.

Zum Anderen wollte man mit diesem System die Universitätsabgänger mit den Fachhochschulabgängern gleichstellen - was bis auf eine Gehaltsstufe zumindest formell funktioniert hat. Universitätsabgänger steigen noch eine Gehaltsstufe höher ein als wir von der FH. Und nicht zu vergessen noch das, was sich seit 60 Jahren in den Köpfen der Personalabteilungen eingebrannt hat - so werden die Stellenausschreibungen noch immer mit dem Kürzel "(FH)" oder "(TU)" am Ende veröffentlicht um deutlich zu machen, was verlangt wird.

Soweit, so gut.

Mit dem Abschluss der Fachoberschule erwarb ich das Recht an einer Fachhochschule zu studieren. Mit dem Bachelor-Abschluss an einer Fachhochschule werde ich das Recht erwerben an einer Universität zu studieren.

An der Hochschule Darmstadt fühle ich mich weitestgehend wohl, mit Ausnahmen natürlich, aber die gibt es überall. Die Art und Weise, wie hier das Wissen jedoch aufbereitet und vermittelt wird, kommt mir sehr entgegen. Wenn man meinen Lebenslauf betrachtet sollte deutlich werden, dass ich mit bloßer Theorie und Eigenleistung schon immer meine Probleme hatte, dementsprechend ist die Praxisorientierung an der h_da sehr zu meinem Vorteil. An der Universität liegt es eben wesentlich mehr am Einzelnen, an Autodidaktik und Selbstdisziplin.

Zwei Punkte, die ich nicht gut beherrsche.

Natürlich will man immer das Beste für sich und so sage ich mir, dass ein Abschluss an der Universität sicherlich nicht nur eine Gehaltsstufe mehr einbringen würde, sondern auch im Job sonstige Vorteile mit sich bringt. Doch wie gesagt fühle ich mich in dem System der h_da ganz gut aufgehoben und kenne mich aus, weiß bei vielen Profs wie ich sie anzupacken habe und kann mich dementsprechend auch auf sie und ihre Vorlesungen einlassen, wenn es in den Masterstudiengang geht.

Gepaart mit kompetenten Komillitonen, die mir auf die Sprünge helfen und mit denen ich arbeiten kann sollte das also alles möglich sein. Kein Zuckerschlecken, aber wenigstens der saure Apfel mit einem Zuckerstreuer daneben.

Vor einigen Tagen unterhielten wir uns am Rande einer Vorlesung mit unserem (dahinscheidenden) Dekan. In diesem Gespräch wollte er, selbstverständlich aus Interessen der Hochschule, nicht die eigenen Master-Anwärter abwerben, aber anhand seiner Euphorie blickte schon irgendwie durch, dass er vom Master an der Universität mehr hält.

Und während diesem Gespräch sickerte dann auch so langsam durch, dass von den Kollegen, die ich am meisten schätze, einige nach dem Bachelor aus diversen Gründen ins Berufsleben wechseln und andere zwar den Masterstudiengang einschlagen werden, jedoch nicht an der h_da. Wenn ich mal die Reihen so durchgehe würde ich also sagen, dass diejenigen, die etwas auf dem Kasten haben und mit denen ich bisher am besten klar komme, fachlich wie menschlich, ab Sommer nicht mehr dort sein werden und ich den Master "allein" beschreiten muss.

Wer kann sowas? Ich jedenfalls nicht.

Der Blogtitel sollte es verdeutlichen, genauso wie der Inhalt: wie sinnvoll wäre für mich nun also ein Wechsel im Sommer an die Technische Universität Darmstadt?

Klar, Yvonne würde es freuen und sie würde mich unterstützen. Aber wenn ich allein jetzt schon in manchen Vorlesungen, in denen das Wissen bereits vollständig vorgekaut wird und ich es nur noch schlucken und verdauen müsste, den Wald vor lauter Bäumen nicht sehe, wie soll das dann erst in einem Laden werden, in dem man sich die Hälfte der Vorlesungen sparen kann um aus Fachbüchern effektiver zu lernen (was ich überhaupt nicht kann)?

Ich bin schwer verunsichert. Ich bin nicht zwingend regional gebunden, aber andererseits fühle ich mich mittlerweile in unserem schimmeligen und zerfallenden Gebäudekomplex recht wohl - und dann ein Wechsel in einen hochmodernen Glaskasten auf einem Campus, der strukturierte Optik vortäuscht?

Wie sollte das gehen?

Wo das noch alles hinführen soll weiß ich nicht. Ich ging davon aus mir bis mindestens 2013 über derlei Dinge keine Gedanken mehr machen zu müssen. Und nun habe ich ein halbes Jahr Zeit mir darüber klar zu werden wie sinnvoll ein Wechsel wäre, in jeglicher Hinsicht.

Macht es Sinn einen ggf. schlechteren Abschluss an einem angeseheneren Institut mitzunehmen und sich vorher noch einmal selbst kopmplett umzukrempeln?

Oder bei dem bleiben, was man mit großer Wahrscheinlichkeit sicher hat?

Gar nicht so einfach...

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