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Donnerstag, 26. Januar 2012

History Blog #194

Die Reihe "History Blog" besteht aus Kopien aus meinem eigentlichen und aktuellen Blog, in dem ich alles raus lasse. Die Blogs, die von dort hier herüber wandern, drehen sich ausschließlich im weitesten Sinne um das Studium und sollen einen Einblick auf mein Leben bis zum Studienabschluss an der Hochschule Darmstadt vermitteln.

Bis ich die Gegenwart erreiche wird hier täglich ein History Blog neu veröffentlicht.



Erstveröffentlichung: Sonntag, 30. Januar 2011 - 0:41


Ursprünglicher Blogtitel: "Watt... Wer sind Sie denn?"



Als Prof. Vogel am Freitag in die Vorlesung kam warnte er uns vor, dass er ein wenig durch den Wind sei, er habe schon ein paar Kaffee mit der Polizei getrunken...

Was war los? Nunja, er kam morgens mit seinem Zeugs aus der Haustür, peilte seinen BMW X6 an und blieb verwundert stehen, weil selbiger nicht mehr da war.

Dumm gelaufen.

So musste er mit dem 7er kommen...

Nach der Vorlesung sprachen wir ihn noch einmal an. Auf die Frage ob er glaube, dass er den Wagen wiederbekäme meinte er: "Den krieg ich nicht wieder." Dann lachend: "Ich will ihn auch nicht wieder!"

Gut, seine Beweggründe dahinter kenne ich nicht, ein Komillitone erwähnte später aber eine Unmenge von Fehlern an dem Wagen, die ihn regelmäßig für Rückrufaktionen prädestinieren würden.

Ob er nichts gehört habe in der Nacht fragten wir, schließlich sei es ja ein Wohngebiet, da würde man nachts doch so einiges hören. Nein, habe er nicht. Die Polizei meinte, im Rhein-Main-Gebiet seien derzeit ein paar Strolche unterwegs, die scheinbar ein Schlupfloch im Sicherheitssystem im X5 und X6 gefunden haben, da diese Modelle derzeit reihenweise verschwinden.

Ob die Polizei das nicht öffentlich machen könne, damit man die entsprechenden Modelle in der Garage ansiedeln könnte. "Tja," meinte er, "wenn man eine Garage hätte..."

Jetzt frage ich mich nur, wieso man zwei dicke Münchener fährt und seine Frau auch noch mit einem Wagen ausgestattet ist, aber in einer Bude ohne Garage wohnt... Mal ehrlich, wenn ihr dickes Geld habt und einige Autos und ein eigenes Haus, würdet ihr dann auf eine Garage verzichten? Einfach schon um Stauraum zu haben ist eine Garage doch wahnsinn.

Witzig daran war allerdings die ganze Situation, wie er hinterher darüber sprechen konnte. Ganz locker, ironisch, witzig und das ganze angehaucht mit einem Redestil, den ich nicht ganz einordnen kann. Es erinnert mich ein wenig an leicht aggressive Jugendlichkeit, Fäkalsprache benutzend, Pointen mit Mimik untermauernd.

Ganz schwer zu beschreiben. So gar nicht zu dem Bild passend, dass man sonst so von dem Mann hat (einer der wenigen Profs bei uns, die fast immer Anzug tragen; wenn nicht, dann wenigstens sauteure Hemden und Anzughosen; fast durchgehend schwarz und ganz selten mal ein helles Hemd; gestylt; die dicken Karren; etc.). Während er dann unsere Erwiderungen aufnahm und zuhörte hielt er seine Wasserflasche vor dem Gesicht und kaute an dem Plastikdeckel herum.

Sind solche Leute tatsächlich doch nur Menschen?

Klar, ich bin nicht ganz so naiv. Ich komm zwar vom Dorf, weiß aber auch, dass studierte Leute mit Titel nicht mit güldener Aura behaftet sind und die auch mehrmals pro Woche kacken gehen wie "das einfache Fußvolk" auch. Aber solche Momente bekommt man nicht mit - zum Glück.

Ich finde es wichtig auch gelegentlich mal einen kleinen Blick hinter die Kulisse werfen zu können. Das macht einem vieles einfacher, die Vorlesungen irgendwie auch lockerer. Wenn ein Prof mal Dinge sagt wie "da hab ich mich früher auch immer verhauen" hilft mir das zwar gar nichts, holt die ganze Situation aber auf eine natürlichere Basis zurück.

Es gibt Profs, die habe ich seit einem Jahr, war schon in mancher Sprechstunde oder hatte anderweitig mit ihnen zu tun, aber alles was ich in ihnen sehen kann sind Rechentiere. Schwarze Klötze, angefüllt mit Zahlen, Indizes, Formeln und Tabellenwerken, die sie nach Lust und Laune rezitieren können und wo ich einfach nur davor stehe und - auf menschlicher, sozialer Basis - schlicht Angst vor ihnen habe.

Nicht, dass es lohnen würde Angst zu haben. Die einzige Verletzungsgefahr beim Umgang mit ihnen besteht darin, dass sie gewaltig ein Ohr abkauen können. Aber wenn ich etwas lernen will ist es sehr kontraproduktiv (für mich), wenn ich mit der Person nicht grün werde und ihn/sie trotzdem zweifach pro Woche drei Stunden lang reden hören muss.

Natürlich ist es immer so eine Sache mit dem, was man an privaten Informationen frei gibt. Zu viel ist auch in Sachen Respekt ungesund, man könnte angreifbar sein und letzten Endes gehen private Dinge auch keine Sau was an. Aber wollen uns diese Herrschaften nicht dazu bringen, dass wir Gleichgestellte sind? Sie haben uns zwischen 10 und 40 Jahren Berufspraxis voraus, kennen die Normen, deren Wandel im Lauf der Zeit und haben einen so großen Erfahrungsschatz, dass man einfach nur den Hut ziehen muss, aber wir wollen schließlich auch eines Tages so oder ähnlich sein - kann man da nicht bereits jetzt, ungefähr ein halbes Jahr vor unserem (ersten) Ingenieursabschluss, ein wenig Kollegialität auftauen und mitbringen?

Ich schmeiß auch 'ne Runde. :yo:

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