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Mittwoch, 11. Januar 2012

History Blog #179

Die Reihe "History Blog" besteht aus Kopien aus meinem eigentlichen und aktuellen Blog, in dem ich alles raus lasse. Die Blogs, die von dort hier herüber wandern, drehen sich ausschließlich im weitesten Sinne um das Studium und sollen einen Einblick auf mein Leben bis zum Studienabschluss an der Hochschule Darmstadt vermitteln.

Bis ich die Gegenwart erreiche wird hier täglich ein History Blog neu veröffentlicht.



Erstveröffentlichung: Sonntag, 19. Dezember 2010 - 13:11


Ursprünglicher Blogtitel: "Der Nikolaus war Bauingenieur (statische Weihnachten)"



Der komische Knecht, der am 6. Dezember immer eure Stiefel mit diversem Kraut voll stopft, nennt sich selbst Nikolaus. Obwohl er sich hauptsächlich um die Erziehung von kleinen Kindern kümmert hat er nicht nur in diesem Bereich eine Ausbildung absolviert, sondern etwas später auf das Bauingenieurwesen umgesattelt.

Um diese Behauptung zu untermauern hier ein Beispiel:

Eingef�gtes Bild
(gemopst von nichtlustig.de)


Gut, das ist ein Witz über einen Architekten. Aber die Zeichnung, die der Herr Nikolaus dort in den Händen hält ist das allseits beliebte "Haus vom Nikolaus", welches weltweit die beschlagenen Busfenster ziert. Jedes Kind kennt es und die meisten wissen, wie es funktioniert. Aber kennen sie auch den Hintergrund?

Stellen wir uns einmal folgendes vor:

Eingef�gtes Bild


Wir nehmen an, dass dieses Haus das des Nikolaus' sei. Kein Kreuz in der Mitte und es ließe sich auch viel einfacher zeichnen, nicht wahr?

Wenn man sich aber einmal die Ecken anschaut übersieht man dabei ein wichtiges Problem. Wir gehen nun einfach mal davon aus, dass es zwei "zimmermannsmäßig" verbundene Balken sind, z.B. irgendwie genagelt oder mit einer "Zapfenverbindung".

Nehmt euch nun bitte einmal einen Bleistift, Kugelschreiber oder etwas ähnliches, das ihr gerade greifbar habt. Nun nehmt das eine Ende zwischen Daumen und Zeigefinger und haltet ihn dort fest und zwar so, dass die andere Seite nach oben zeigt. Wenn ihr nun oben von der Seite gegen diesen Gegenstand drückt verdreht sich die untere Seite zwischen euren Fingern, nicht wahr? Egal wie fest ihr drücken könnt, ich glaube kaum, dass ihr das zu verhindern vermögt.

Das nennt man "ein Moment", bzw. "Dreh-" oder "Kraftmoment".

So wie es euch nicht möglich ist den Stift so fest zu halten, dass ihr das Moment aufnehmen könnt, so ist es auch den meisten Materialien nicht so ohne weiteres möglich solche Momente aufzunehmen.

Was also mit dem Nikolaushaus geschehen würde, wenn von der Seite der Wind dagegen drückt (Abb. 1) ist leider ganz klar: aus dem schönen Gebäude würde ein Windschiefer Schuppen oder gar ein einziger Trümmerhaufen (Abb. 2).

Eingef�gtes Bild


Was kann man nun also dagegen tun? Die "wirtschaftlichste", also meist die günstigste oder materialsparendste, Methode ist eine sogenannte "räumliche Aussteifung durch Zugbänder". Das klingt im ersten Moment sehr theoretisch, ist aber ganz einfach.

Nehmt nun wieder den Stift in die Hand, so wie eben. Falls ihr nun gerade einen Hammer, einen Nagel und ein Stück Bindfaden zur Hand habt und niemand etwas dagegen einwendet, dass ihr euren Tisch zerstört... Na gut, machen wir es anders: stellt euch nun vor, dass auf der (beispielsweise) linken Seite eures Stiftes auf der Tischkante ein Nagel eingeschlagen wäre. Um diesen Nagel könntet ihr nun ein Stück Band, Garn oder Faden knoten und die andere Seite des Fadens oben an eurem Stift befestigen.

Wenn ihr nun aus der gleichen Richtung (also beispielsweise auch von links) gegen den Stift drückt passiert was? Richtig, der Stift bleibt gerade stehen. Und noch dazu ist euch vielleicht aufgefallen, dass ihr gar nicht viel Kraft braucht, um den Stift festzuhalten - eigentlich sogar fast gar keine. Die ganze seitliche Kraft verschwindet im Seil und dann weiter in der Tischkante.

Und genau das gleiche hat sich der Nikolaus überlegt.

Er wollte ein schönes Häuschen haben, dass nicht vom Wind zusammen gefaltet wird. Also hat er diagonal zwischen den beiden Ecken (also von der einen oberen Seite auf die andere untere Seite) ein Drahtseil, einen Holzbalken oder einen Stahlträger eingebaut, der das ganze richtig gut gegen den Wind stützt (Abb. 1).

Da der Wind auch manchmal aus der anderen Richtung kommt hat er sich ein Kreuz dort hinein gebaut, damit ihm das Haus auch bei Wind aus der anderen Richtung erhalten bleibt (Abb. 2).

Eingef�gtes Bild


Und das, meine Freunde, nennt man "Aussteifung".

Sicher könntet ihr nun fragen, warum nicht eine diagonale Strebe ausreicht, denn z.B. Holz und Stahl kann man doch auch sehr gut drücken (wenn der Faden an eurem Schreibtisch z.B. ein anderer Stift wäre, könntet ihr auch von der anderen Seite gegen euren Stift drücken und er würde trotzdem nicht umfallen).

Um es nur kurz anzureißen: ja, geht auch. Nehmt aber mal ein Stück Pappe oder ein Plastiklineal, stellt es aufrecht hin und beginnt vorsichtig darauf zu drücken, ganz langsam immer stärker. Irgendwann, ganz plötzlich, macht das Teil einen Sprung zur Seite und biegt sich gewaltig durch, weil es so dünn ist.

Und genau das gleiche Problem gibt es bei allen anderen Baustoffen auch. Damit man also die Holz- oder Stahlbalken nicht viel zu dick machen müsste behilft man sich damit, dass man eben zwei gegenseitig verschränkte Diagonalen dort einbaut, die auf Zug belastet werden.

Und als sich der Nikolaus das überlegt hatte würde er reich und berühmt, weil niemand mehr unter freiem Himmel leben musste. Fortan kaufte er sich von seinem riesigen Gewinn nur noch schwarze Lackstiefel, rote Pelzmäntel, einen Schlitten und einige Rentiere und kauft in jedem Jahr milliarden von Geschenken, die er ganz vielen Menschen auf der Welt bringt, unentgeltlich, kostenfrei, ohne zu meckern, in 99,999999% der Fälle pünktlich.

Einfach so, weil Bauingenieure eben so sind.

Eingef�gtes Bild

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