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Dienstag, 21. Juni 2011

History Blog #19

Die Reihe "History Blog" besteht aus Kopien aus meinem eigentlichen und aktuellen Blog, in dem ich alles raus lasse. Die Blogs, die von dort hier herüber wandern, drehen sich ausschließlich im weitesten Sinne um das Studium und sollen einen Einblick auf mein Leben bis zum Studienabschluss an der Hochschule Darmstadt vermitteln.

Bis ich die Gegenwart erreiche wird hier täglich ein History Blogs neu veröffentlicht.


Erstveröffentlichung: Montag, 14. Oktober 2008 - 20:34



Ursprünglicher Blogtitel: "Von mimimi und heißer Luft dahinter



Die Woche begann recht entspannt. Nachdem weit über 200 eingeschriebene Erstsemesterstudenten für Bauingenierswesen in vier "Züge" aufgeteilt wurden landete ich im Zug B und der Stundenplan sah für gestern einen schlichten Block von 8:30 Uhr bis 10:00 Uhr vor. Danach genug Platz für Wahlpflichtfächer, die wir teilweise noch nicht belegt haben (oder einfach kein Platz mehr war).

Somit war ich um 12 Uhr schon wieder daheim und genoss einige Stunden die Vorzüge des Studentendaseins.

Gammeln.

Hin und wieder, selbstverständlich, kribbelt es mir in den Fingern, dann denk ich doch daran mal schnell schnell schnell irgendwoher eine GameCard zu organisieren, aber so schlimm dass ich dem ganzen nicht widerstehen könnte ist es doch alles nicht. Es wär ein toller Spaß, aber ich hab genug andere Dinge um mir die Zeit zu vertreiben. Keine Sucht.

Nachdem ich mir Spy Game einmal auf Englisch angesehen hatte und der Handlung dennoch folgen konnte habe ich mich daran begeben ein wenig Klarschiff zu machen, soweit das in meinen Möglichkeiten stand (ich habe kaum Möbel, noch keinen Teppich und keine wirkliche Küche).

Zum Abschluss des Tages vergnügte ich mich mit deutscher Übersetzung des Films und muss sogar, wie zu erwarten, sagen, dass der originale Text der Schauspieler irgendwie besser ist als die deutsche Übersetzung.

An einem Beispiel heißt das:
Englisch: "Is it hard to take a life?"
Deutsch: "Ist es schwer jemanden zu töten?"

Zu dem Charakter des verstörten Arztes wirkt die englische Zeile einfach wesentlich authentischer. Aber sei's drum.

Als um halb sechs heute früh der Wecker klingelte war ich wenig begeistert, auch wenn ich genug Schlaf bekommen hatte, und so vertröstete ich das Piepsgerät auf später und einigte mich mit ihm, dass es doch genug wäre um 5:55 Uhr aufzustehen.

Kaffee, duschen, etwas essen, die üblichen Morgenprozeduren eben.

7:06 Uhr, den Bus zum Darmstädter Hauptbahnhof nehmen, auf in einen neuen Tag als "richtiger Student". Die Begeisterung über 4 x 90 Minuten relativ trockene Vorlesungen zu beschreiben erspare ich mir hier mal, aber ich hätte durchaus schlimmeres erwartet.

Nichtsdestotrotz, ich bin einfach fröhlich, und wenn ich nicht fröhlich bin geht es mir einfach nur gut. Ich bin zufrieden! Mit mir, mit meiner Wahl des Studiums, mit der Wohnung, mit meinem "Alltag" und mit meiner Beziehung. Es ist ein schönes Leben.

Die Fertiglasagne von Penny hat leider keine Zubereitungsbeschreibung für die Mikrowelle, obwohl sie genauso aussieht und verpackt ist wie die von Edeka. Da ich keinen Küchenbrand riskieren wollte entschloss ich mich zu einem Dreierpack "Heiße Tasse", die man sich ja auch zusammen in einer Suppenschale zubereiten kann. Ein neues Toastbrot, Käse, Wurst und für irgendwann mal ein lecker Döschen Tunfisch.

Irgendwann.

Erstmal "haben" ist immer gut.

Die Busfahrt war wieder eine Sache für sich, in 50 % der Fälle stelle ich hier in Hessen wirklich krasse Zustände fest gemessen an dem Normalfall in Hannover und Umgebung.

Was hier allerdings nicht anders ist als im Norden: auf Rentner und Ü-30-jährige wird Rücksicht genommen, auf alles darunter selbstverständlich nicht.

Aber das soll hier nicht Thema des ganzen sein, wenn man sich über die Missstände im RMV beklagen mag kann man sicherlich Bücher füllen, sei es bei 13-Uhr-Verbindungen, bei denen der Bus nicht auftaucht, oder dass der Busfahrer an der Haltestelle nicht hält, weil man erst 150 Meter davor den Haltewunsch ankündigte und er sagt: "Sie hatten seit der letzten Haltestelle 3 Minuten Zeit, jetzt konnte ich nicht mehr bremsen!" Ob dem Herr bekannt ist, dass innerhalb einer Ortschaft Tempo 50 gilt ist mir nicht bekannt.

Kommentar eines Fahrgastes: "Man nennt ihn auch 'Knight Rider'."

Knapp 17.00 Uhr, im Flur erwartet mich überraschend die erste von drei Rollen Teppichboden und im Briefkasten schlummert friedlich ein Brief aus der Heimat mit gesammeltem Postwerk. Ich mache mich auf beides in die Wohnung zu befördern, latsche fix zu Edeka um eine Schachtel Wasser zu erstehen, koche mir Wasser für das Süppchen auf und habe gerade die dampfende Schale vor meiner Nase, als das Telefon bimmelt...

Standardreaktion: "Och nööö..."

Als ich sah, dass es sich um "Tabsi" (Gildencheffin) handelte musste ich den Schweinehund allerdings niederringen, denn es konnte sich ausschließlich um eine Niederkunftsmeldung ihrerseits handeln.

Tatsächlich!

Malte.

61 cm.

4750 Gramm.

Ein Riesenbaby!

Im Verlauf des Jahres 2007 hat mich diese Dame in so manch einsamer und schmerzlicher Stunde unterstützt, doch auch ihr ist bereits in den letzten Telefonaten aufgefallen, wie "gut" ich klinge. Optimistisch, fröhlich, entspannt.

Ich würde es "glücklich" nennen.

Irgendwann hörte die Schale Suppe dann auf zu dampfen...

Gegen 17:45 Uhr widmete ich mich dann meiner Suppe, wälzte in Gedanken den Ablauf des morgigen Tages kurz durch (ich muss zwei Blöcke knicken, da zwischen 12 und 18 Uhr der Rest des Teppichs geliefert werden soll und abends schaut mein älterer Bruder mal rein) und überlegte schon wie ich jetzt am geschicktesten die erste Rolle Teppich auf den Boden werfe. Nebenbei öffnete ich den Brief aus Hannover.

Ich hab schon wieder garantiert 25.000 €uro gewonnen. Na herrlich.
Laune: keine Änderung.

Eine Broschüre über Bauingenieure. Vom Arbeitsamt. Können die nicht wenigstens warten, bis ich fertig studiert habe? :D
Laune: etwas erheitert.

Bezahlungsbeleg über den Teppich.
Laune: keine Änderung.

Ein Zeitungsartikel der meiner Mutter aufgefallen war. Aussage: "Studenten, die allein wohnen können sich von der GEZ befreien lassen." Sehr gut.
Laune: positiv überrascht.

Brief von der KfW-Bankengruppe, die Herrschaften möchten gern einen Leistungsnachweis über meine Bachelorprüfung bis zum 25.10. haben, da sie mir sonst keine Unterstützung gewähren... Mich plagt nun die Frage danach, was ich da nun wieder falsch gemacht haben könnte, die besagte Prüfung findet erst in drei Jahren statt.
Laune: negativ beeinflusst, Geldsorgen aufkommend.

Zum Abschluss noch ein Brief des Studentenwerks Darmstadt und ich freute mich darauf zu lesen, dass ich den Betrag von X €uro BAföG monatlich bekomme.
Laune: sehr gesteigert.

Brief des Studentenwerks Darmstadt gelesen.
Laune: im Keller.

Zitat
(...)

In Fällen, in denen ein bürgerlich-rechtlicher Unterhaltsanspruch gegen die Eltern offensichtlich nicht besteht, kann anstelle von Vorausleistung eine Förderung ohne Anrechnung des Elterneinkommens erfolgen. Um überprüfen zu können, ob ein Unterhaltsanspruch eventuell nicht mehr besteht, bitten wir um Übersendung Ihres Realschulzeugnisses sowie aller folgenden Zeugnisse. Auch bitten wir um Übersendung der Nachweise zu Ihrer Ausbildung sowie einer Erklärung zur damaligen Planung Ihres Werdegangs nach dem Realschulabschluss.

Mit freundlichen Grüßen...



Liebes Studentenwerk Darmstadt,

nach der Realschule wollte ich, wie auch vorher, Musiker werden und habe die Wirtschaftsschule besucht um wenigstens den erweiterten Realschulabschluss zu haben. Dafür habe ich zwei Versuche gebraucht.

Danach bin ich zum Bund gegangen und wollte Musiker werden, habe den Bund aber abgebrochen und wurde Zivi und hatte noch mehr Zeit für Musik. Außerdem hatte ich mir einen GameCube gekauft und war oft bei einem Freund und gemeinsam vor dem Gerät betrunken.

Danach habe ich das Wirtschaftsgymnasium besucht und wollte Musiker werden.

Da ich bereits zu Beginn der Herbstferien dem Unterricht nicht mehr folgen konnte habe ich mich um eine Ausbildungsstelle zum Veranstaltungstechniker beworben und hatte schon eine gutklingende Zusage um zum Halbjahr bei der Firma XYZ einsteigen zu können. Daher habe ich mich vom Schulbesuch abgemeldet.

Besagte Firma schob den Grund "die Berufsschule will das nicht zum Halbjahr" vor und vertröstete mich darauf zum Sommer eine erneute Bewerbung zu schicken.

Gut für den Musiker in mir, somit konnte ich drei verschiedene Nebenjobsparallel ausüben und Musik machen.

Dann habe ich die Ausbildung zum Elektriker begonnen, weil ich Musiker werden wollte.

Ich habe die Ausbildung abgeschlossen und entschied mich zum Besuch der Fachoberschule Technik, weil ich nicht Elektriker bleiben wollte. Eher Musiker.

Im Laufe des Jahres stellte ich fest, dass mich das Fach "Mechanik" interessiert und ich die Berechnungen in der Statik ansprechend finde und so entschied ich mich, da mich auch schöne Gebäude begeistern können, für ein Studium im Bauingenieurswesen...



Ob ich so an mein BAföG gelange?

In erster Linie allerdings die Frage: was bedeutet "in Fällen, in denen offensichtlich kein Anspruch besteht"?
Laune: ernüchtert, resigniert.

Die Suppe war gelöffelt, der Blick zur Wand an welche ich den Teppich gelehnt hatte war leicht glasig und in meinem Kopf hüpften bereits weitere Gedankengänge, wie z.B.: "Den Teppich kannst du nicht zurückgeben, der ist für dich zugeschnitten und vom Umtausch ausgeschlossen." - "Du hast drei Monate Kündigungsfrist für die Wohnung." - "Gibt es hier in der Nähe eine freie Elektrikerstelle?" - "Teppich verlegen kann ich mir ja jetzt sparen." - "Vielleicht kann ich ja die drei Monate umgehen, wenn ich denen einen Nachmieter präsentiere... Ob ich dem den neuen Teppich mit möglichst wenig Verlust aufschwatzen kann?"

Bis dahin ging es mir wirklich gut, der Kopf war frei für neuen Stoff und ich doch relativ sorglos. Doch jetzt... Es demotiviert. Und um es mal ganz unverhohlen zu sagen: es kotzt mich an!

Erst heute hörte ich wieder von einer Professorin, wie endlos viele Bauingenieure doch gesucht würden und es einfach nicht genug gäbe.

Liebes Vaterland,

mach es Deinen Hoffnungsträgern bitte nicht so schwer ein Bein an die Erde zu bekommen.

Dein Sven


Ich denke genau das war der Zeitpunkt, an dem ich meinen ersten Cooldown hatte. So ein.. BÄM! Mama terminlich gebunden und nicht erreichbar, Yvy auf dem Rücken eines Pferdes glücklich in die Freiheit reitend, der Rest der Bekannten sitzt in Hannover oder Köln oder sonstwo und ist doch irgendwie zu weit weg um Anlaufstelle zu sein. Es ging mir nicht ums reden, eigentlich suchte ich Ablenkung.

So ein: "Hey, ich komm mal auf 'ne Pilsette rum, lass mal 'nen Film gucken."

Nie wirklich meine Art gewesen, aber in dem Moment wär mir echt danach gewesen.

Kennt ihr die Folge der Simpsons in der Homer gaaaanz entspannt ist, weil Bart und Lisa im Camp Krusty sind? Er hatte abgenommen und ihm waren sogar wieder Haare gewachsen. Alles tutti. Dann kommt die Meldung im Fernsehen über einen Zwischenfall im Camp Krusty, Homer sieht, dass Bart der Redelsführer eines Aufstandes ist und klatsch hat er wieder seinen Bierbauch und die Haare fallen bis aus zwei Stück wieder aus.

So in etwa ging es mir, und wäre mein Rechner aufgebaut gewesen hätte ich sofort über t-Online meinen Account bezahlt und hätte einen Charakter durch die Gegend geschoben.

Irgendwie ist es dort weit einfacher seinen Berufsskill nach oben zu treiben.



Happy End (?)
Ich hab mich dann doch daran gemacht den Teppich zu verlegen, die Wände sind unglaublich schief und das angepriesene Klettband hält auch nicht wirklich und ich bin noch nicht sicher, wie zum Teufel ich den Schreibtisch aufbauen soll (eine Höllenmaschine von gefühlten 2311 kg).

Nach Yvonnes telefonischem Beistand fiel mir auf, dass es sich in dem Schreiben des Studentenwerks ja lediglich um Prüfung des (Kindes-)Unterhalts handelt, nicht aber um eine Prüfung des BAföGs. Glück gehabt.

Die Sachbearbeiterin der Bank antwortete bezüglich des Studienkredits wie folgt:
Zitat
das verstehe ich allerdings auch nicht so recht!
Es ist in dem Vertrag ganz klar angegeben das Sie im 1. Semester sind.

Können Sie mir evtl Ihre Telefonnr. mailen, dann kann ich Sie morgen dazu nochmal anrufen.
Ich mache mich im Haus nochmal schlau, was wir da jetzt machen sollen.

Dann bis morgen und einen schönen abend.

Mit freundlichen Grüßen

N.T.


Und ich rauch zu viel.

:victory:

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