Seiten

Donnerstag, 22. September 2011

History Blog #101

Die Reihe "History Blog" besteht aus Kopien aus meinem eigentlichen und aktuellen Blog, in dem ich alles raus lasse. Die Blogs, die von dort hier herüber wandern, drehen sich ausschließlich im weitesten Sinne um das Studium und sollen einen Einblick auf mein Leben bis zum Studienabschluss an der Hochschule Darmstadt vermitteln.

Bis ich die Gegenwart erreiche wird hier täglich ein History Blogs neu veröffentlicht.



Erstveröffentlichung: Mittwoch, 24. März 2010 - 9:49


Ursprünglicher Blogtitel: "Lernen lernen" 



Mit dem Lernen ist es eine komische Sache. Es ist in gewisser Weise anstrengend und langweilig, sofern man sich zu dem Thema des Stoffs nicht unbedingt verbunden fühlt. Aber auch wenn man Spaß am Thema hat ist es nicht unbedingt immer ein Hochgenuss. Wie seht ihr das?

Bei mir kommt noch eine Kleinigkeit erschwerend hinzu: unrümlicherweise gehöre ich zu der Sorte Mensch, die man im Allgemeinen als "Spätzünder" definieren würde. So habe ich mich immer irgendwie durch gefährliches Halbwissen durch meine Schullaufbahn schlagen können, habe aber - außer für meine mündliche Prüfung in Geschichte (Thema war "Arbeitsplatzschaffung im dritten Reich") - nie etwas für Tests und Klassenarbeiten getan. Das wäre ja auch alles nicht so wild, wenn ich wenigstens Hausaufgaben gemacht hätte. Oder aber dem Unterricht aufmerksam gefolgt wäre.

Das war aber alles nicht der Fall und daher rührt auch mein absolut nicht vorhandenes Allgemeinwissen. Ich übertreibe nicht, wenn ich das sage, aber das glaubt mir sowieso selten jemand. Selbst Yvonne erschrickt noch immer, wenn sich das mal gelegentlich unumstößlich offenbart.

Geändert hat sich das erst "step für Schritt" (wie wir zu der Zeit spaßeshalber immer sagten) während meiner Ausbildung. Aber auch dort nicht mit sonderlichem Erfolg, denn es ist schwer einem alten Hund neue Tricks beizubringen. Hausaufgaben erledigte ich gelegentlich, für Tests hab ich doch das eine oder andere Mal die Unterlagen angeschaut und - weiteres Neuland - ich hatte sogar sortierte Mappen für jedes Fach. Gegen Ende der Ausbildung ließ das auch wieder nach, dementsprechend planlos saß ich im Theorieteil der Gesellenprüfung vor den Blättern und kann ibis heute nur von Glück sprechen, dass es alles in allem doch zu einem Gesellenbrief mit einer 2 gereicht hat. Aber mal ehrlich: in drei Jahren lernt man so viel, wie soll man sich da auf alles vorbereiten? Natürlich geht das irgendwie, aber ich wüsste keinen Anfang zu finden und mir einen struckturierten Plan zu machen.

Dann kam die Fachoberschule. Da wurde es noch ein Stück besser, aber leider trug mein Lernen nicht immer den Erfolg, den ich mir davon erhofft hatte. Aber auch hier scheint es ja gereicht zu haben.

Jetzt im Studium ist das Problem aber besonders hartnäckig, wie ihr euch vorstellen könnt. Ich bin nicht der perfekte Student und gehöre auch bestimmt nicht zu den besten, aber irgendwie schaffe ich es mich doch zur oberen Hälfte zählen zu können - vielleicht sogar am Ende des oberen Drittels. Und in meiner Lerngruppe steh ich sowieso recht weit oben.

Aber wie schaut es mit dem Wissen nun wirklich aus?

Die angesprochenen Themen will ich verstehen. Wir sind hier schließlich nicht mehr in der Schule, wo man zwar immer gesagt bekommt, dass man fürs Leben lernt, aber noch gar nicht weiß, was "Leben" als solches eigentlich wirklich bedeutet. Man wird nicht einfach durch ein Studium zum Ingenieur und hat dann das ganze Programm abgearbeitet, setzt sich in ein Büro und macht jeden Tag Arbeitsabläufe nach Schema 08/15. Natürlich gibt es einen Teil, der immer nach der gleichen Routine abläuft, aber warum bekommt ein Studierter wohl im Allgemeinen mehr Geld als ein "normaler" Arbeiter? Weil er Verantwortung trägt und einiges wissen muss. Und nicht nur mal gewusst haben, sondern wirklich wissen und anwenden können.

Und genau nach dem Prinzip studiere ich. Klar gibt es Themenbereiche und Fächer in denen ich mir sage, dass das alles für mich später nicht so wichtig ist für meine Vertiefungsrichtung. Aber es wird schon Gründe haben, warum jeder - unabhängig des Vertiefungsbereichs - ein gewisses Grundwissen aus jedem Bereich vorweisen muss. Ich will das alles verstehen und auch eines Tages anwenden können. Wenn ich das nicht tue können Menschen sterben.

Schonmal drüber nachgedacht?

Und wenn es nicht zu genanntem worst case kommt, dann kann es wenigstens Klagen, Schäden und Unmengen an Kosten nach sich ziehen, die entweder ich oder mein Arbeitgeber entrichten muss. Und in jedem Fall bin ich der Dumme, selbstverschuldet.

Wie schaut es nun aber mit dem Lernen aus? Ein Kommilitone stellte in einer Vorlesung vor den Ferien eine Frage an den Professor, wie der denn bei Sachverhalt XY vorgehen müsse. Der Professor setzte mit den Worten "also in der Realität (...)" zu einer Antwort an, wurde aber von meinem Kommilitonen höflich mit den Worten "Für die Klausur reicht mir" unterbrochen. Aussage des Profs: es ginge hier ja schließlich nicht um die Klausuren, sondern darum wie man es später wirklich macht, worauf zu achten sei etc.

Das verstehe ich, aber davon hab ich die Klausur noch nicht (gut) bestanden. Ich finde hier ist durchaus eine Grätsche drin, die leider nicht außer acht zu lassen ist. Denn die Paradebeispiele aus den Vorlesungen sind nicht repräsentativ für die Aufgaben aus den Klausuren, die nämlich alles andere als die gelehrten Sahnehäubchen sind. Und diese Klausurbeispiele sind natürlich auch alles andere als repräsentativ für die Realität.

Natürlich, irgendwie muss ja ans Thema herangeführt werden. Und dann ist es sogenanntes Ingenieursdenken dieses Wissen auf andere Sachverhalte übertragen zu können. Was aber bringt mir in einem Fach, das zeitlich viel zu knapp bemessen für den ganzen Stoff ist, ein Ausholen in die Abgründe der Realität, wenn zwischen diesem Zeitpunkt und der Klausur nur noch eine Vorlesung liegt, aber noch ein ganzes Kapitel abzuarbeiten ist?

Ich bin immer dafür zu haben, dass ein Prof einen Schwung aus dem Arbeitsleben erzählt. Das gestaltet die Vorlesungen und den vielleicht trockenen Stoff farbig und lockert die Stimmung. Und man kann sich unter vielen Dingen mal etwas vorstellen, die man sonst einfach nur stumpf berechnet. Das verhindert unter anderem auch, dass man nur zu einem Fachidioten heran wächst, der alles kann aber sich nichts darunter vorstellen kann.

Aber wo und wie grenzt man das ganze ab?

Man könnte natürlich hier eine Diskussion starten, welchen Sinn Prüfungen und Bewertungen haben. Ein Thema, über das Yvonne in den nächsten Tagen noch eine Hausarbeit abgeben muss. Irgendworan müssen Leistungen fest gemacht werden und solang niemand ein perfektes Patent dafür entwickelt hat ist es eben das Klausursystem, was sich aber - meiner Meinung nach - nicht unbedingt mit dem Stoffverständnis des Einzelnen decken muss. Sei es aufgrund der Prüfungssituation, mit der jemand nicht umgehen kann, oder aber der Zeitdruck von 90 Minuten, der in der Realität nicht da ist sondern man lieber etwas mehr Zeit nutzt um ganz sicher zu gehen und Risiken ausschließen zu können. Es kann aber auch einfach sein, dass man sich an irgendeiner Stelle einen Fehler einbaut und nicht mehr die Zeit hat ihn zu korrigieren oder ähnliches. Ich persönlich finde, dass beispielsweise solche Begebenheiten extra Punkte wert wären. Wenn mir selbst ein Fehler an meiner Rechnung auffällt beweise ich doch analytisches und systematisches Denken. Wie ich finde ein sehr wichtiger Skill für den Berufsalltag.



Tja, von meinem eigentlichen Thema habe ich mich wieder einmal zu weit entfernt um noch eine sinnvolle Kurve zurück zu bekommen. Da ich auch nicht mehr die Zeit habe mich mit dem angeschnittenen Thema angemessen bis zum Schluss auseinander zu setzen eröffne ich in den Comments gern eine Diskussionsrunde in der wir ein Konzept erarbeiten und als OBP (offizielle buffed-Partei) in den nächsten Wahlen kandidieren sollten. Auf diesem Weg können wir uns auch gleich für die Rechte der Zocker stark machen.

Zum Abschluss möchte ich noch knapp mein eigentliches Thema niederschreiben:
Es ging darum, dass meine Lernfortschritte für Klausuren nicht unbedingt gedacht sind. Ich bin nur ein Mensch und wenn ich keinen Druck habe lerne ich auch nicht. Wenn ich aber weiß, dass das Wissen abgeprüft wird (oder werden könnte) kann ich mich dazu durchringen. Und das sogar mittlerweile sehr intensiv. Die Klausuren laufen dann aber doch oftmals nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte.

Und dann? Danach ist es erstmal weg.

Ich habe gestern einige Fragen zu einem Fach gestellt bekommen, dass ich vor einem Monat mit 2,7 bestanden habe. Ich wusste fast nichts mehr. Sehr erschreckend, für mich aber schon Normalzustand. Ich weiß aber, dass das Wissen eines Tages in irgendeiner Form wiederkehren wird.

Das beste Beispiel dafür ist Bauzeichnen. Eine Kommilitonin hat die Klausur vor einem Jahr nicht mitgeschrieben und ist vor den Ferien zum ersten Mal angetreten. Wirklich Ahnung hatte sie beispielsweise von Dachausmittlung nicht, aber ich konnte alles nötige Wissen dazu aus dem Stehgreif an sie weitergeben. Das Ende vom Lied: in einer Klausur, in der 70% der angetretenen Studenten durchgefallen sind hat sie immerhin eine 3,3 holen können.

In Statik und Massivbau konnte ich Anfang des Semesters auch alle nur erdenklichen Regeln und Vorgehensweisen aus Tragwerklehre 2 runterleihern.
"Sven, ich versteh nicht warum du TWL2 nicht mitgeschrieben hast. Du kannst den ganzen Mist doch."
Tja, jetzt schon.

Was bedeutet das nun für mich? Ich schreibe heute und morgen jeweils eine Klausur, die ich vor einem Monat versiebt habe. Ich hoffe einfach, dass die Inkubationszeit gereicht hat das Wissen zu verinnerlichen und in etwas mehr als zwei bzw. etwas weniger als 24 Stunden einfach so aus mir rausquillt.



Zum Abschluss noch ein Lied, dessen Video mich damals scher beeindruckt hat. Warum auch immer.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen