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Sonntag, 10. Februar 2013

Die Sache mit dem Trick

Voller Vorfreude auf die eines Tages angeschafften Steine und das daraufhin zusammengesetzte Bauwerk sandte ich meinem Bruder kürzlich einen Link zu einer Sofort-Kaufen-eBay-Auktion, deren Auktionsinhalt ich mir gerade zugelegt hatte. Titel der Mail: "Ich konnt einfach nicht widerstehen"

Silver Pot Inn, built by Yoni Levi

Nachdem er seine erste Skepsis überwunden hatte, dass ich tatsächlich 8,00 €uro für eine PDF ausgegeben habe (aber hey, immerhin Versandkostenfrei...) kam eine Frage, die mich nicht ganz tonlos schmunzeln ließ:

"Darfst du am Ende deines Studiums sowas eigentlich auch bauen, oder ist da zu wenig Stahlbeton drin?"

Ein durchaus berechtigter Einwand, fand ich. Und sarkastisch humoristisch, von meiner Seite aus betrachtet. Betrachtet man so die Lehrveranstaltungen einmal im Überblick, so kann man das auch wirklich glauben.

Doch halt, warten wir, gab es nicht irgendwo Holzbau 1 in meinem Studium? Doch ja, tatsächlich. Und Holzbau 2 sogar auch. Und ein bis drei Fächer Stahlbau soll auch schon vorgekommen sein.

Gut gut, der Fairness halber muss man wohl sagen, dass Stahlbeton einfach einer der gängigsten Baustoffe ist. Und schlichtweg erheblich günstiger als Stahl, was ihn daher auch künftig in vielen Belangen annähernd unersätzlich machen wird. Wenn man nur oberflächlich auf den Stahlbeton eingeht mag es einem tatsächlich viel erscheinen, was wir da so zu lernen haben, und das Verhältnis von Stahlbeton zu anderen Baustoffen im Studium scheint unangenehm unausgewogen. Doch man darf nicht vergessen, dass Stahlbeton ein Verbundwerkstoff ist, der daher einige "Feinheiten" zu beachten hat, die andere Baustoffe nicht vorweisen.

Biegung eines Balkens (oben gedrückt, unten gezogen): Beton im unteren Teil reißt mikroskopisch klein (zumindest sollte keine klaffende Fuge entstehen...) auf, der Stahl jedoch nicht und trägt wie Gummibänder quasi die große Zugbelastung allein. Im oberen Teil wird der Beton zusammengepresst, "dat bissche Stahl" vernachlässigen wir einfach mal.

Das sind nur Kleinigkeiten, die Stahlbeton zu etwas besonderem machen. Aber wenn ich mir die anderen beiden der "großen Drei" so ansehe: Stahl ist auch was gaaaaanz besonderes, weil der nämlich im Gegensatz zum Beton einen komplett elastischen Bereich hat, sich dann etwas verfestigt und nochmal eine gewisse Zeit komplett elastisch ist. Uiii uiii uiii. Und er ist gaaaaanz doll stark. Und Holz ist auch was gaaaaanz besonderes, weil nämlich das auf Zug und Druck in Richtung der Faser und Quer zur Faser und auf Biegung und auf Torsion und auf Schub und überhaupt und immer wieder einfach gaaaaaaanz anders reagieren tut.

Kriegst einen Lolli.

Ist leider etwas schade, dass jeder Prof mit irgendeinem Fachgebietsbaustoff der Meinung ist, sein Baustoff wär in jedem Fall der beste und der wichtigste. Aber darum gehts hier ja gar nicht.

Nein, ich wollte mit obigem Vorurteil, zu dessen Entstehung ich selbst wohl maßgeblich beigetragen habe, einfach mal ein wenig Aufräumen:

Ja, von der Theorie her sollte ich das können. Zumindest rechnerisch, denn die Statik dahinter ist nicht Sache des Baustoffes, sondern Sache des "statischen Systems". Ich kann also hier das Holzfachwerk als statisches System nehmen und habe viele kleine und große Stäbchen, die irgendwie die Lasten in den Erdboden bzw. das Fundament ableiten müssen. Oder aber ich könnte eine Stahlgerüstkonstruktion machen, also auch ein Fachwerk, nur wesentlich weniger komplex verschachtelt vermutlich, in das dann irgendwelche Wandscheiben "eingehängt" werden, um das Teil seitlich geschlossen zu bekommen. Auch hier geht es dann eigentlich nur darum, die Lasten irgendwie in den Boden zu bekommen. Oder ich wähle Stahlbeton und ggf. Mauerwerk, eine sehr massive Monstruktion, bei der sich die Wände quasi selbst tragen und direkt in Fundament und Boden reinschießen, ich diese Eigengewichtslasten nicht erst über ein Fachwerk umleiten muss.

Die Zauberei dahinter nennt man "Statik". Die liegt gleich neben dem Karnickel im Zylinder und ist in etwas so spannend wie ein Weihnachtsbaum mit 20 Geschenken drunter, wenn man ca. 5 Jahre alt ist.

All das, was beispielsweise dieses Haus in erster Linie ausmacht, ist also nur Rechnerei. Und nachdem ich weiß, was ich da für Lasten drin habe, also in den einzelnen Stäbchen und Elementen, dann kann ich sagen: "Und jetzt will ich das aus Holz bauen." Dann gehe ich hin und wähle Holz aus, was den Anforderungen meiner Statik entspricht, dann entscheide ich, wie es verbunden wird und und und. Und wenn dann am Ende (wahrscheinlich mit einigem Try and Cry oder viel Erfahrung) am Ende alles passt, dann ist gut.

Aber ich hab auch nicht von allem Ahnung. Zum Beispiel würd ich gar nicht wissen, wie ich nun das Lehm-Stroh-Wärmedämmverbundsystem (Lehm-Stroh-WDVS) auszubilden hätte, was man dabei beachten muss oder wie ich das mit dem Holzfachwerk verbunden bekomme, aber man lernt ja nie aus und wenn es tatsächlich klappen sollte, dass ich eines Tages mit Holz und Holzbauweisen zu tun habe, kann ich mich dahingehend noch immer schlau machen. Bzw. werde es müssen, ich hab gehört der Trend ginge (trotz vieler hochmoderner Baustoffe) wieder in Richtung "Zurück zur Natur".

Wir warten es ab.

Also, ich antwortete meinem Bruder in einem Satz, kurz und knapp, mit einem "ja". Antwort:

"Na dann, nichts wie ran! ;) "
 
Aye. 

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