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Dienstag, 4. März 2014

Man machts doch auch gerne

Vor kurzem bekam ich den Link zu einem Artikel in der Zeit geschickt. Nachdem ich das gelesen hatte leitete ich es auch einfach mal an meinen Bruder weiter, selbst noch kinderlos, aber auch er fand ihn gut.

Ich empfehle jedem, egal ob schon Kinder da sind oder nicht, den Artikel mal zu lesen, einfach um vielleicht ein wenig das eigene Verständnis für die heutige Zeit und den Unterschied zur Zeit unserer Eltern zu erweitern oder sich Bestätigung zu holen. Außerdem ist es für das Verständnis dieses Blogposts erforderlich.

Zusammengefasst heißt es dort: Wir sind allesamt gestresst durch das Familienleben und die Vereinbarkeit mit Beruf und besonders Karriere. Den Artikel schrieb ein Mann, daher beziehe ich mich jetzt auch mal auf mein männliches Weltbild, aber ich glaube, für Frauen der Neuzeit ist das ebenso ansetzbar.

Wir wollen Karriere machen und gutes Geld verdienen, andererseits wird es heutzutage ja geradezu erwartet, dass man ein vorbildlicher Vater ist, der auf Schulaufführungen dabei ist, Zeit zum Spielen hat, am Wochenende den Kopf frei hat und all solche Sachen. Man will einfach alles, denn heutzutage gibt es ja diese Trennung nicht mehr, dass die Frau Heim und Kind hütet, der Mann arbeiten geht und das Heimwerken erledigt. Die Grenzen sind verwischt oder ganz getilgt, Frauen gehen ebenso arbeiten und sind ehrgeizig im Beruf, Männer wünschen sich auch eine Bezugsperson für die Kinder zu sein, zu wissen wie man dem Kind die schlechte Laune austreibt oder welcher fest eingespielte Ablauf jetzt dran ist, wenn der Puppe das Bein weh tut, das Kind mit dem simplen Wort "hoch" vor der Anrichte in der Küche steht oder sonst eine Eigenart ihren Lauf nimmt, der man als Mann nur entsprechen kann, wenn man das nahezu prähistorische Familienbild überwunden hat.

Der Artikel bringt es besser auf den Punkt als ich es könnte. Wir sind gestresst davon, Eltern, Arbeitnehmer und Partner zu sein. Und dieser Stress ist kaum in Worte zu fassen.

(...)

Ich habe diesen Post seit etwa 4 Wochen "in der Mache", mich aber nun dagegen entschieden, meine seitenlange Aufzählung über meinen Tagesablauf zu veröffenlichen. Das
a) interessiert niemanden,
b) kann man als Außenstehender sowieso nicht mit mehr als einem "ja, verstehe ich" nachvollziehen und
c) langweilt es auf Dauer, das ewig gleiche Gejammer zu hören. Es ermüdet mich ja selbst.

Aber eben diese gesamte Thematik ermüdet mich als solches auch.

Was ich jedoch an dem Artikel vermisse ist nicht etwa die Lösung des Problems, denn auch da ist der Artikel aussagekräftig: die gibt es einfach nicht. Die Zeiten haben sich gewandelt und das Familienleben ist nun einmal heutzutage dieser Spagat. Mir fehlt etwas ganz essentielles darin:

Man macht es doch auch gern.

Zumindest in den meisten Fällen.

Es geht nicht darum, dass einem der Job auch bis in die Freizeit nachläuft, ob nun Journalist, Informatiker oder Bauingenieur. Es geht auch nicht darum, dass man in vielen Branchen - und besonders dann, wenn man anstrebt, Aufstiegschancen aufzutun - die Dinge nicht einfach zum Feierabend ruhen lassen kann um Familienmensch zu sein. Es geht doch darum, dass man ja auch will, dass der Job einen braucht. die meisten Menschen wollen nicht einfach ein Niemand sein, der in der Masse untergeht.

Und was wurde denn aus "man muss einen Job machen, der einen glücklich macht und erfüllt, sonst sind es ganz schön lange 35 bis 45 Jahre bis zur Rente, die einen fertig machen"? Was macht man denn für Dinge, die erfüllend sind und Spaß machen? Richtig: mehr als nötig.

Die Kombination aus all dem lässt für mich nur einen Schluss übrig: früher war alles besser.

Blödsinn! Aber früher war alles irgendwie klarer, strukturierter, eindeutiger. Wenn ich Geschichten darüber höre, "ich hab mit den Leuten aus der Firma nie was gemacht. Wenn man mich fragte, ob ich mitkäme sagte ich das Wochenende gehöre nur meiner Familie", tja, was soll ich denn da noch sagen? Das ist löblich, wirklich. Und vermutlich auch erstrebenswert. Das kann man sich vielleicht auch in manchen Branchen leisten. Aber sobald der Faktor Zeit in einem Beruf ins Spiel kommt, wars das leider. Dann noch die Freude am Beruf dazu und die Tatsache, dass man gelegentlich auch mit mehr Menschen als denen in den eigenen vier Wänden zu tun haben will, man aber außer Arbeitskollegen sonst niemanden mehr in seinem Leben hat - overkill.

Ich weiß nicht, wo das hinführen wird. Wie soll der Mensch die Verantwortung dafür übernehmen, was er sich da selbst eingebrockt hat? Wie soll man mit reinem Gewissen man selbst bleiben und sich verwirklichen, dabei aber die Familie an oberster Stelle behalten und stets das sein, was man selbst von sich erwartet?

Eigentlich sollte mich dieser Artikel beruhigen, dass es auch anderen Menschen so geht und ich nicht allein mit meinen inneren Krämpfen bin. Ehrlich gesagt schlafe ich seitdem allerdings deutlich schlechter.

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